IFOTES Kongress 2023 in Lignano, Italien

„Die Hoffnung beflügelt – Veränderungen annehmen und meistern“

So lautete der Titel des 22. Kongresses von IFOTES (International Federation of Telephone Emergency Services), dem Weltverband mit über 30 Mitgliedsverbänden aus 24 Staaten. 

Nach einer längeren, pandemiebedingten Pause fand der Kongress vom 18.-22.10.2023 in Lignano, einem kleinen Ort in Norditalien, statt. 

M-V war auf dem Kongress dabei

Aus den Stellen der TelefonSeelsorge Mecklenburg und Vorpommern nahmen insgesamt 17 Ehrenamtliche und zwei Hauptamtliche teil. Dies wurde u.a. durch Fördermittel, Spenden und durch die Unterstützung der regionalen Fördervereine ermöglicht. 

17 Ehren- und 2 Hauptamtliche

Bei dem umfassenden Veranstaltungsangebot für die insgesamt etwa 1000 Teilnehmenden lag der Fokus auf dem Umgang mit Veränderungen. 

Ausgelöst durch die gesellschaftlichen Krisen der letzten Jahre sehen sich viele Menschen mit ungewollten Veränderungen konfrontiert – persönliche Krisen können dadurch entstehen oder verstärkt werden.

Dies ist auch am Telefon und in der Online-Seelsorge spürbar und wurde durch das vielfältige Veranstaltungsprogramm mit Blick auf die Hoffnung aufgegriffen und in Form von unterschiedlichen Vorträgen und Workshops zur Verfügung gestellt. 

Internationaler Austausch in großer Gemeinschaft

Neben der persönlichen fachlichen Weiterentwicklung bot dieser Kongress eine besondere Gelegenheit, sich auf nationaler und internationaler Ebene zu begegnen und auszutauschen. Sich als Teil dieser großen Gemeinschaft zu erleben, war für viele Ehrenamtliche eine sehr wertvolle Erfahrung und wird lange in Erinnerung bleiben. 

TelefonSeelsorge immer für Sie da

Die TelefonSeelsorge in Mecklenburg-Vorpommern wird auch an den Festtagen, zwischen den Jahren und zu Silvester mit ihren Angeboten an den 4 Standorten erreichbar sein. Denn für einige Menschen sind Weihnachten und der Jahreswechsel nicht mit positiven Gefühlen verbunden, sondern mit Einsamkeit und schmerzlichen Erinnerungen.

Für akute Krisensituationen kann dann ein Kontakt per Telefon oder Chat eine gute Option sein. 

In der TelefonSeelsorge stehen einfühlsame und verschwiegene ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung. Auch können über die TelefonSeelsorge gegebenenfalls weitere Hilfsangebote vermittelt werden. 

Wir sind anonym und rund um die Uhr über die kostenfreien Nummern 0800 111 0111 und 0800 111 0222 sowie per Chat erreichbar.

Stille Nacht! Heilige Nacht! 

Holder Knabe … schlaf in himmlischer Ruh`…

Wenn Gedanken nicht zur Ruhe kommen, kann ein Gespräch das Karussell stoppen. Manchmal ist gerade nachts der richtige Zeitpunkt für ein helfendes Gespräch und manchmal – so erleben wir es in der TelefonSeelsorge – ist auch das anonyme Gespräch der richtige Ort für klärende Gedanken wie die folgende Geschichte aus der Arbeit am Heiligen Abend berichtet: 

Ohne Baum geht es nicht

Heute ist Heiligabend und meine Familie sitzt gemütlich vor dem Tannenbaum. Ich verabschiede mich und fahre zur Nachtschicht in der TelefonSeelsorge. 

Die Kollegin, die ich ablöse, steht schon in den Startlöchern. Sie will nach Hause, um gemütlich mit ihrem Mann an dem hübsch geschmückten Tannenbaum zu sitzen und ein Glas Wein zu trinken. Sie wünscht mir einen guten Dienst und ist auch schon weg. 

„Ok“ denke ich und bin für die nächsten acht Stunden bereit für die Sorgen und Anliegen der Anrufenden. 

Als das Telefon klingelt, melde ich mich mit: „TelefonSeelsorge, einen schönen Abend!“ Am anderen Ende der Leitung ist es stumm. Ich höre ein tiefes Atmen. Ich möchte den Anrufer nicht bedrängen und warte. 

„Ich halte es nicht aus“, sagt ein Mann mit leiser Stimme, so als wolle er das Kind nicht wecken. „Dieses verfluchte Fest!“ „Was genau halten Sie an Weihnachten nicht aus?“, frage ich. Und dann bricht es nur so aus ihm heraus. Seit Jahren ist sein Leben aus den Fugen. Erst war die Arbeit weg, dann die Familie und irgendwann die Wohnung. Er hat getrunken. Doch so will er nicht sterben. Daher hat er immer mal wieder eine Therapie gemacht und mit viel Glück vor drei Wochen diese kleine Wohnung bekommen. Endlich ging es wieder bergauf. Doch heute am Heiligen Abend, wo alle vor dem Weihnachtsbaum sitzen, ist der gesamte Schmerz wieder da.

Er gehört wieder nicht dazu. Das Geld hat nicht für einen Weihnachtsbaum gereicht und nun ist alles so trostlos. Der Suchtdruck ist groß und er hat Angst, wieder zu trinken. 

Intensiv höre ich ihm zu und versuche, seinen Gedanken zu folgen.

Wieso hat er das Gefühl, nicht dazuzugehören. Nur weil er keinen Baum kaufen konnte? Genau das frage ich ihn. Er antwortet: „Weihnachten ohne Baum ist kein Weihnachten!“ 

„Dann brauchen Sie einen Baum!“ 

Doch wo bekommt man legal am Heiligabend um 23 Uhr ohne Geld noch einen Baum? Nirgends und ich hole tief Luft. Ich muss daran denken, dass einige Weihnachtsbäume schon am ersten Feiertag rausgeschmissen werden und erzähle es dem Anrufer. „Das wäre ja in ein paar Stunden“, sagt er auf einmal mit freudiger Stimme. „Dann gehe ich jetzt schlafen, mache morgen einen Spaziergang und schaue, ob ich einen Baum finde. Dann ist eben morgen Weihnachten!“

Wir verabschieden uns. Gesegnete Weihnachten, lieber Anrufende!

Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht …

In der Gewissheit, dass jeder Mensch ein Geschenk ist, können wir am Heiligen Abend kräftig in den Gesang einstimmen und auf einen guten Abend und eine gute Nacht hoffen. 

Ausbildungskurse erfolgreich gestartet

An allen Standorten der Telefonseelsorge in Mecklenburg-Vorpommern sind die Ausbildungskurse in der 2. Jahreshälfte gestartet. 

In diesem Jahr 2023/2024 werden insgesamt 29 Menschen auf die ehrenamtliche Arbeit in der TelefonSeelsorge vorbereitet. Die Ausbildung erfolgt sowohl für den Einsatz am Telefon, als auch im Chat.

Die Teilnahme an der Ausbildung ist kostenfrei.

Im Sommer 2024 werden die Ausbildungen abgeschlossen sein. Wir hoffen auf tatkräftige Unterstützung, der dann neu ausgebildeten TelefonSeelsorger.

Wer sich für die Ausbildung und eine Mitarbeit in der TelefonSeelsorge interessiert, kann sich gerne an eine unserer Stellen vor Ort wenden: 

Greifswald

Ökumenische TelefonSeelsorge
Postfach 3138
17461 Greifswald

Tel.: 03834 – 88 91 62
buero@telefonseelsorge-vorpommern.de

Neubrandenburg

Ökumenische TelefonSeelsorge
Postfach 10 11 07
17019 Neubrandenburg

Tel.: 0395 – 56 83 920
buero@telefonseelsorge-neubrandenburg.de

Rostock

Ökumenische TelefonSeelsorge 
Postfach 10 20 39
18003 Rostock

Tel.: 0381 – 49 000 29
buero@telefonseelsorge-rostock.de

Schwerin

Ökumenische TelefonSeelsorge
Postfach 110353
19003 Schwerin

Tel.: 0385 – 512525
buero@telefonseelsorge-schwerin.de

Welttag der Suizidprävention 2023

Aktiv werden und Hoffnung schaffen

Unter diesem Motto standen auch im Jahr 2023 Veranstaltungen der TelefonSeelsorgestellen Greifswald, Neubrandenburg, Rostock und Schwerin.

Alljährlich wird damit auf das genannte Thema aufmerksam gemacht und durch unterschiedliche Aktionen dazu beigetragen, dass Suizidalität weiter enttabuisiert wird und ein Raum entsteht, in dem ein Austausch möglich ist.

Ein kurzer Überblick über die Veranstaltungen vor Ort:

So organisierte das Greifswalder Netzwerk am 11.09.2023 eine Veranstaltung, in der ein Film angeschaut und anschließend besprochen wurde.

Neubrandenburg

In Neubrandenburg lud das Netzwerk für Suizidprävention am 14.09.2023 zu einer öffentlichen Schulung ein. Fast 30 Interessierte folgten dieser Einladung. Die Schulung hatte das Ziel, über das Thema Umgang mit Suizidalität allgemein zu informieren. Die Interessenten erfuhren u.a., welche Worte und Angebote konkret in einer suizidalen Krise hilfreich sein können.

Rostock

Am 10.09.2023 wurde bei einer feierlichen Veranstaltung auf dem Wall in Rostock ein Findling – bei dem im letzten Jahr gepflanzten „Baum für das Leben“ – eingeweiht. Die musikalische Umrahmung gestaltete die Band „Six on the way“. 

Auf dem großen Stein hat das Schild mit Informationen rund um das Thema und der Nummer der TelefonSeelsorge einen würdigen und präsenten Platz gefunden. Wir bedanken uns bei allen im Netzwerk der Hansestadt engagierten Akteuren, die die Gestaltung des Ortes ermöglicht haben.

Schwerin

In Schwerin hatten Menschen die Möglichkeit, über das SVZ-Lesertelefon sich mit Fragen zum Thema Suizidalität an Experten zu wenden. Hier lag der Schwerpunkt der Fragen beim Erkennen von Suizidalität, bei Unterstützungsangeboten in Krisen und dem konstruktiven Umgang mit Schuldgefühlen. Alle Fragen und Antworten wurden veröffentlicht und erreichten so noch andere Leser.

Start der neuen Internetseite

Die Ökumenische TelefonSeelsorge® Mecklenburg-Vorpommern ist ab sofort mit ihrer neuen Internetseite online.

Stephan Krug und Christoph Wolf, beide verantwortlich für die Geschäftsführung der vier Dienststellen im Bundesland, sind begeistert und bedanken sich bei allen, die in den letzten Monaten dazu tatkräftig beigetragen haben.

Die Internetseite stellt das Hilfeangebot der Telefonseelsorge übersichtlich vor, bietet einen Überblick zur Arbeit an den vier Standorten und informiert auch über die Ausbildung zur/m TelefonSeelsorgerIn im Ehrenamt.„

„Die Seite wird in den nächsten Monaten noch weiter ausgebaut und kann wachsen“, meint Stephan Krug und Christoph Wolf freut sich besonders, dass „es jetzt schon gelungen ist, das gesamte Angebot der TelefonSeelsorge von Greifswald bis Schwerin, von Rostock bis Neubrandenburg auf einer Internetseite übersichtlich darzustellen“.

Ehrenamt stärkt Demokratie

TelefonSeelsorge über die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements

Auf die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements weist die TelefonSeelsorge hin. Anlass ist der Internationale Tag des Ehrenamts am 5. Dezember. Ehrenamtlich Engagierte sind ein unverzichtbarer Bestandteil gelebter Demokratie, auch über den jeweiligen Einsatz hinaus.

„Der Beitrag unserer Ehrenamtlichen zur gesellschaftlichen Stabilisierung wird vermutlich unterschätzt“, sagt Gunhild Vestner, Vorstandsmitglied der TelefonSeelsorge Deutschland. „Gerade jetzt, wo eine Krise die andere jagt, bedarf es einer Anlaufstelle, wenn Menschen die Sorgen über dem Kopf zusammenschlagen – wie neben anderen der TelefonSeelsorge.“

Rund eine Million Gespräche jährlich werden überwiegend von Ehrenamtlichen geführt. Es geht um so gut wie alle Themen, die Menschen erschüttern, quälen, im schlimmsten Fall aus der Bahn werfen können. Dazu kommen rund 80.000 Online-Kontakte per Mail oder Chat.

„Dieser Seelsorge-Dienst verlangt den Beratenden eine Menge ab“, erklärt Gunhild Vestner. „Umso wichtiger ist die ausgesprochen anspruchsvolle, intensive Ausbildungsphase, die wir dem Dienst in der TelefonSeelsorge voranstellen.“

Die rund einjährige Ausbildung vermittelt neben Wissen über Kommunikationstechniken, psychische Krankheitsbilder oder Suizidalität immer auch Selbsterfahrung und richtet den Blick auf die eigene Biografie. Eine gute innere Balance und die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen, sind wesentliche Voraussetzungen für die Aufgabe am Telefon, via Chat und Mail. Die TelefonSeelsorge investiert viel in die Persönlichkeitsentwicklung der bei ihr Engagierten. Zudem wird mit der beginnenden Beratungsarbeit die Ausbildung durch regelmäßige Supervision und Fortbildung ergänzt.

Der – auch finanzielle – Einsatz lohnt sich für die ganze Gesellschaft, zeigt sich Gunhild Vestner überzeugt: „Die Kontakte zu unterschiedlichsten Menschen und deren Lebenssituationen sensibilisieren die Ehrenamtlichen für Vielfalt und stärken Akzeptanz. An diesem Punkt hilft TelefonSeelsorge, Vorurteile abzubauen. Die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, zunächst in der Ausbildung, später in den Supervisionsgruppen erleben viele als Bereicherung und Chance, sich weiterzuentwickeln. Die Schulung in gelingender Kommunikation zahlt sich nicht nur in der Telefon- und OnlineSeelsorge aus: die Ehrenamtlichen bringen diese Kompetenz auch in ihren familiären und beruflichen Alltag ein. Und nicht zuletzt sitzt in der Ausbildungsgruppe der Handwerker neben der Professorin, die Verkäuferin neben dem Pfarrer im Ruhestand – und alle gehen den gleichen Weg.“

Suizidprävention kommt vor Suizidassistenz

Die Vorsitzenden von TSD Frank Ertel und Michael Hillenkamp (Quelle: TSD/Silke Schönfelder)

TelefonSeelsorge Deutschland positioniert sich zur Stellungnahme des Ethikrats

Die TelefonSeelsorge Deutschland (TSD) begrüßt die Stellungnahme des Deutschen Ethikrates „Suizid – Verantwortung, Prävention, Eigenverantwortlichkeit“. Dort wird die Notwendigkeit einer umfassenden Suizidprävention betont. Dies fordert die TelefonSeelsorge in Übereinstimmung mit dem Nationalen Suizidpräventionsprogramm (NaSPro). Eine auf verschiedenen Ebenen implementierte, national koordinierte Präventionsarbeit muss vor einer gesetzlich geregelten Suizidassistenz stehen.

„In der Suizidprävention geht es nicht nur um das Auffangen kurz vor der letzten Entscheidung, sondern um eine kontinuierliche und verantwortliche Begleitung, auch im Vorfeld einer akuten Suizidalität“, sagt Frank Ertel, evangelischer Vorsitzender von TelefonSeelsorge Deutschland. „Eine akute Krisenintervention kann situativ die Suizidalität verringern, sie reicht aber häufig nicht aus, um dauerhaft die Perspektive der Betroffenen zu ändern.

Von daher ist deutlich mehr notwendig, als TelefonSeelsorge leisten kann. Nichtsdestotrotz leisten wir als Anlaufstelle für hochbelastete Menschen einen wesentlichen Beitrag zur Suizidprävention.“ Menschen mit chronischen psychischen oder körperlichen Krankheiten, Menschen mit einer Suchtproblematik, Menschen die unter Einsamkeit leiden, sind Risikogruppen für Suizid. Mithilfe des 24 Stunden besetzten Telefons, mit Chat- und Mailangeboten und in persönlichen Gesprächen bietet TelefonSeelsorge einen Entlastungsraum an.

„Wir erleben tagtäglich, dass der Begriff „Suizidalität“ ein breites Spektrum an personalen, sozialen und gesellschaftlichen Phänomenen umfasst“, führt der katholische Vorsitzende der TSD Michael Hillenkamp aus. „Insofern hat der Ethikrat eine gute Perspektive gewählt, wenn er die Förderung der Selbstbestimmungsfähigkeit von Menschen voraussetzt, damit sie kognitiv und emotional in der Lage sind, eine wirklich freie Entscheidung zu treffen.“

Zahlen zur Suizidalität in Deutschland
Laut statistischem Bundesamt sind 2020 9.206 Menschen in Deutschland an Suizid gestorben. Damit übersteigt ihre Zahl deutlich die Zahl der durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag, illegale Drogen und AIDS zu Tode Gekommenen. Schätzungen gehen von weit über 100.000 Suizidversuchen aus. (Quelle: www.naspro.de/dl/Suizidzahlen2020.pdf)

toggle icon