Die TelefonSeelsorge in Mecklenburg-Vorpommern wird auch an den Festtagen, zwischen den Jahren und zu Silvester mit ihren Angeboten an den 4 Standorten erreichbar sein. Denn für einige Menschen sind Weihnachten und der Jahreswechsel nicht mit positiven Gefühlen verbunden, sondern mit Einsamkeit und schmerzlichen Erinnerungen.
Für akute Krisensituationen kann dann ein Kontakt per Telefon oder Chat eine gute Option sein.
In der TelefonSeelsorge stehen einfühlsame und verschwiegene ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung. Auch können über die TelefonSeelsorge gegebenenfalls weitere Hilfsangebote vermittelt werden.
Wir sind anonym und rund um die Uhr über die kostenfreien Nummern 0800 111 0111 und 0800 111 0222 sowie per Chat erreichbar.
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Holder Knabe … schlaf in himmlischer Ruh`…
Wenn Gedanken nicht zur Ruhe kommen, kann ein Gespräch das Karussell stoppen. Manchmal ist gerade nachts der richtige Zeitpunkt für ein helfendes Gespräch und manchmal – so erleben wir es in der TelefonSeelsorge – ist auch das anonyme Gespräch der richtige Ort für klärende Gedanken wie die folgende Geschichte aus der Arbeit am Heiligen Abend berichtet:
Ohne Baum geht es nicht
Heute ist Heiligabend und meine Familie sitzt gemütlich vor dem Tannenbaum. Ich verabschiede mich und fahre zur Nachtschicht in der TelefonSeelsorge.
Die Kollegin, die ich ablöse, steht schon in den Startlöchern. Sie will nach Hause, um gemütlich mit ihrem Mann an dem hübsch geschmückten Tannenbaum zu sitzen und ein Glas Wein zu trinken. Sie wünscht mir einen guten Dienst und ist auch schon weg.
„Ok“ denke ich und bin für die nächsten acht Stunden bereit für die Sorgen und Anliegen der Anrufenden.
Als das Telefon klingelt, melde ich mich mit: „TelefonSeelsorge, einen schönen Abend!“ Am anderen Ende der Leitung ist es stumm. Ich höre ein tiefes Atmen. Ich möchte den Anrufer nicht bedrängen und warte.
„Ich halte es nicht aus“, sagt ein Mann mit leiser Stimme, so als wolle er das Kind nicht wecken. „Dieses verfluchte Fest!“ „Was genau halten Sie an Weihnachten nicht aus?“, frage ich. Und dann bricht es nur so aus ihm heraus. Seit Jahren ist sein Leben aus den Fugen. Erst war die Arbeit weg, dann die Familie und irgendwann die Wohnung. Er hat getrunken. Doch so will er nicht sterben. Daher hat er immer mal wieder eine Therapie gemacht und mit viel Glück vor drei Wochen diese kleine Wohnung bekommen. Endlich ging es wieder bergauf. Doch heute am Heiligen Abend, wo alle vor dem Weihnachtsbaum sitzen, ist der gesamte Schmerz wieder da.
Er gehört wieder nicht dazu. Das Geld hat nicht für einen Weihnachtsbaum gereicht und nun ist alles so trostlos. Der Suchtdruck ist groß und er hat Angst, wieder zu trinken.
Intensiv höre ich ihm zu und versuche, seinen Gedanken zu folgen.
Wieso hat er das Gefühl, nicht dazuzugehören. Nur weil er keinen Baum kaufen konnte? Genau das frage ich ihn. Er antwortet: „Weihnachten ohne Baum ist kein Weihnachten!“
„Dann brauchen Sie einen Baum!“
Doch wo bekommt man legal am Heiligabend um 23 Uhr ohne Geld noch einen Baum? Nirgends und ich hole tief Luft. Ich muss daran denken, dass einige Weihnachtsbäume schon am ersten Feiertag rausgeschmissen werden und erzähle es dem Anrufer. „Das wäre ja in ein paar Stunden“, sagt er auf einmal mit freudiger Stimme. „Dann gehe ich jetzt schlafen, mache morgen einen Spaziergang und schaue, ob ich einen Baum finde. Dann ist eben morgen Weihnachten!“
Wir verabschieden uns. Gesegnete Weihnachten, lieber Anrufende!
Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht …
In der Gewissheit, dass jeder Mensch ein Geschenk ist, können wir am Heiligen Abend kräftig in den Gesang einstimmen und auf einen guten Abend und eine gute Nacht hoffen.